Textproben

Elbjazz

It’s snowing on my piano

Renovierungsarbeiten lassen die Hamburger St. Katharinenkirche zur Zeit ein wenig wie eine Baustelle wirken, doch das Dach immerhin ist dicht, so dass es nach wie vor nur im bildlichen Sinne auf Bugge Wesseltofts Klavier schneite, als er am Sonntag, 28.11., zum ersten Advent dort die Musik seines Erfolgsalbums „It’s snowing on my piano“ erklingen ließ.Eröffnet wurde der stimmungsvolle Abend, der ganz im Zeichen Norwegens stand, jedoch literarisch. Die skurrile Wintergeschichte “Ein anderer Stern” des durch „Elling“ bekannten Wahlhamburgers Ingvar Ambjörnsen, die Peter Theiss vorlas (seinerseits aktuell in der „Elling“-Bühnenfassung zu sehen), dürfte Norwegern wohlvertraut sein – sie ist dort alljährlich am Weihnachtsabend im Radio zu hören.Die Belustigung wich im zweiten Teil des Abends dann einer fast andächtigen Stimmung, als Bugge Wesseltoft seine eigenwilligen harmonischen Auslotungen bekannter und weniger bekannter Weihnachtslieder mit verhaltenem Anschlag vortrug. Schubertisch schlicht erklangen die Themen, um nur allzu bald Pfade einzuschlagen, die auch schon mal von Nordeuropa in den Süden der USA führen konnten. Am Ende seines Konzerts dann geschah ein kleines (vor-)weihnachtliches Wunder, als Wesseltoft das Publikum zu den Schlussakkorden von „Stille Nacht, heilige Nacht“ erst zum Mitsummen, dann sogar Singen brachte. Und das in Zeiten, wo mancher Pfarrer selbst im Gottesdienst kaum noch auf gesangliche Mitwirkung zu hoffen wagt! Hier war es die Intensität des musikalischen Vortrags, die die Spiritualität spontan wiedererweckte.Innerlich gewärmt konnte man den Heimweg in die Hamburger Winternacht antreten oder die vorweihnachtliche Stimmung vor Ort noch bei typisch norwegischem Fingerfood und Wein, glühend oder pur, nachklingen lassen. (Knut von Maydell)

CPE Bach Jahr

Carl Philipp Emanuel Bach als geistiger Zeitgenosse der Epoche von Aufklärung und Empfindsamkeit

„Im Umgange war er ein aufgeweckter munterer Mann voll Witz und Laune, heiter und fröhlich in der Gesellschaft seiner Freunde […]“

Carl Philipp Emanuel Bach war ein geselliger und humorvoller Mensch. Geselligkeit und Witz galten im Zeitalter der Aufklärung und Empfindsamkeit, in das sein Leben (1714–1788) fällt, als besondere Tugenden, deren Ausdruck von höfischer Galanterie bis zu politisch subversivem Witz reichen konnte. Sie begleiten so die sich im Zeichen der Aufklärung vollziehende kulturelle Emanzipation des deutschen Bürgertums, die aus höfischen Dienstverhältnissen fort zu bürgerlicher Selbständigkeit führte. Diese Bewegung findet sich beispielhaft auch in C. P. E. Bachs Lebensweg, der ihn nach anfänglichen Studien in Leipzig und dreißigjährigem Dienst am preußischen Königshof in Berlin (1738–68) schließlich in die aufstrebende bürgerliche Hansestadt Hamburg führte (1768–88). Selbst in dem eigenwilligen Charakter seiner Kompositionen kann man etwas vom Geist des sich seiner selbst – und seiner Gefühlswelt – bewusst werdenden Bürgertums erkennen. Mit dem Vorrang des Gefühlsausdrucks, den C. P. E. Bach für die Musik allgemein forderte und der sich in seiner eigenen so konsequent umgesetzt findet, erwies er sich ganz und gar als Zeitgenosse der Epoche der Empfindsamkeit. So nimmt es kaum Wunder, dass er am geistigen Leben seiner Zeit regen Anteil nahm und mit vielen Intellektuellen persönlich bekannt war.